Trotz vieler Aussagen wie „Warum macht ihr das?“, „Ihr seid doch verrückt!“, „Das ist doch kein Urlaub“ starteten wir am 15.7.2014 voll bepackt und gut gelaunt unsere Tour über die Alpen. Mit dem Zug ging es zunächst nach Oberstdorf und von dort mit dem Bus nach Spielmannsau (987m), unserem Startpunkt. Bei bewölktem Himmel schulterten wir die Rucksäcke und gingen frohen Mutes der Kemptner Hütte, unserem ersten Nachtquartier, entgegen. Umgeben von lauter Grünzeug und durch Matsch laufend, fühlten wir uns wie im Dschungel. Der Weg ging weiter gemütlich bergauf, vorbei an einer kleinen Kapelle zur Kemptner Hütte (1846m). Dort angekommen fielen wir nach dem wohlverdienten Abendessen bald im Lager in den Schlaf.
Der nächste Tag sollte uns nach Madau führen. Nach einem kurzen Aufstieg, liefen wir vorbei an Blumen, Kühen, einem beeindruckenden Wasserfall und über eine 200m lange und an der höchsten Stelle 105m über dem Tal schwebende Hängebrücke zunächst nach Holzgau. Von dort ersparten wir uns den zweistündigen Fußmarsch durchs Tal und fuhren in zehn Minuten mit dem Bus nach Bach. In gut zwei Stunden wanderten wir anschließend von Bach weg über den Madauer Erlebnisweg (die Forststraße erschien uns zu langweilig) zum Bergdorf Madau (1308m) mit seinen ca. acht Häusern. Im einzigen Gasthof bezogen wir unser Quartier. Die sonnigen Abendstunden haben wir mit einem gut schmeckenden Abendessen und einem leckeren Radler genossen.
Der dritte Tag brachte die anspruchsvollste, aber auch die landschaftlich schönste Etappe mit sich. Von der klassischen E5-Führung in Richtung Memminger Hütte wichen wir ab und machten uns auf den Weg zum Württemberger Haus. Bei warmen Temperaturen wanderten wir, umgeben von grünen Wiesen und Bächen, durch das schöne Madautal. Der nicht vorhandene Weg (weil vom Fluss weggespült) oder die zweimalige Querung eines Geröllfeldes sollten an diesem Tag noch unsere kleinsten Sorgen sein. Laut Führer lag eine „halbstündige, leichte Kletterei“ über das Leiterjöchl (2516m) vor uns; doch gut, dass Zeit- und Schwierigkeitsangaben relativ sind. In einer guten Stunde kämpften wir uns den teilweise mit Stahlseil gesicherten Riss hinauf und überquerten zu guter Letzt ein weiteres Geröllfeld auf abschüssigem Trampelpfad. Doch für die darauffolgende Aussicht, waren es die Mühen wert: Ein unbeschreiblicher, atemberaubend schöner Rundum-Blick war der Lohn. Von hier aus ging es dann stetig in felsiger Umgebung bergab zum Württemberger Haus (2220m). Nach dem stärkenden Kaiserschmarrn waren Ausruhen auf den Liegen der Hütte und dabei die beeindruckende Kulisse Genießen angesagt.
Der nächste Tag wurde gestaltet von einem langen, nicht enden wollenden Abstieg nach Zams (770m). In praller Sonne das sogenannte Zammer Loch hinunter war definitiv kein Spaß und alle Wanderer waren froh, als sie endlich im Tal angekommen waren. Bereits mittags waren wir in unserem Quartier und konnten so unseren Füßen einen halben Tag Erholung schenken.
Am fünften Tag begannen wir unsere Tour mit einer Gondelfahrt auf den Venetberg (2512m). Von dort gingen wir den Panoramaweg entlang, liefen durch Bäche und Matsch, querten auf einem Holzsteg die Moorwiesen und machten schließlich mittags Rast an der Larcher-Alm. Gut gestärkt nach einer Portion Kasspatzn wanderten wir den „Alten Almweg“ hinunter nach Wenns. Hier brachte uns anschließend der Bus nach Mittelberg (1736m), wo wir sogleich unsere Übernachtungsstätte aufsuchten.
Am folgenden Tag wartete eine kurze Etappe auf uns. Zunächst liefen wir gemütlich den leicht ansteigenden Forstweg am Fluss entlang. Anschließend wählten wir die Variante „Wasserfallweg“, auf der wir uns, teilweise durch Drahtseil und Trittstufen gesichert, durch felsiges Gelände hocharbeiteten. Nach einem kurzen, aber steilen Stück über eine Skipiste, ging es weiter auf schmalen Wegen über Felsbrocken und Geröll hinweg stetig hinauf zur Braunschweiger Hütte (2759m). Von hier hat man eine eindrucksvolle Sicht auf die die Hütte umgebenden 3000-er, auf den umliegenden Gletscher, sowie auf einen Teil des Skigebietes Sölden, mit einer im Nichts liegenden „Talstation“. Hat man das und die zwei Bagger in ihrer „natürlichen“ Umgebung einmal gesehen, stellt man sich – auch als Skifahrer – die Frage, ob dieser enorme Eingriff in die Natur wirklich nötig ist!
Da für den nächsten Tag Regen und Gewitter angesagt waren, brachen wir beizeiten auf, um das Rettenbachjoch (2993m) noch trocken und sicher zu überqueren. Am Joch angekommen, mussten wir bei Nebel und 4°C feststellen, dass die Gondel um diese Uhrzeit noch nicht in Betrieb war und wir also den Abstieg zum Rettenbachferner (2684m) zu Fuß in Angriff nehmen mussten. Dieser führte uns dann im Zickzack über die schneebedeckte Skipiste, da vom eigentlichen Weg nichts zu erkennen war, nach unten. An der Station angekommen, fing es auch zu donnern und zu regnen an. Also beschlossen wir, den dreistündigen Abstieg nach Vent durch eine einstündige Busfahrt zu ersetzen. Nach einer wärmenden Suppe in Vent machten wir uns gut eingepackt in strömenden Regen (auf entsprechender Höhe ging dieser in Schnee über) auf den Weg zur Martin-Busch-Hütte (2501m).
Die letzte Etappe brachte uns bei leider bewölktem Himmel, vorbei an vielen Schafen, hinauf zur Similaunhütte, die mit 3019m der höchste Punkt unserer Alpenüberquerung war. Man hätte auf dieser Route auch die Fundstelle des Ötzi besichtigen können, doch mit Blick auf die Nebelsuppe um uns herum, entschieden wir uns dagegen. Dafür durften wir noch gut einen Kilometer ein Schneefeld überqueren, um anschließend endlich die Hütte zu erreichen. Leider gewährte uns das Wetter nicht die Sicht auf die umliegenden Berge und wir machten uns bald wieder an den Abstieg. Wir hatten schon von oben den beeindruckenden Blick auf den blau-grün schimmernden Vernagt-Stausee, der das Ende unserer Tour darstellte. Auf halben Weg kam uns Thomas entgegen, der mit Beate schon einige Tage vorher in Meran angekommen war und uns nun abholte, wodurch uns die Busfahrt nach Meran erspart blieb. Bequem im Auto ließen wir uns also nach Meran (wo wir noch ein paar Tage Urlaub machten) kutschieren, mit dem stolzen Grinsen im Gesicht, zu Fuß die Alpen überquert zu haben.
Fazit: In einer Woche haben wir auf gut 140 Kilometern mit gut 11000 Höhenmetern im Aufstieg und ca. 10000 Höhenmetern im Abstieg die Alpen mit ihrer beeindruckenden Naturlandschaft überquert! Von heißen 30°C über Regen bis zu Schneefall innerhalb eines achttägigen Urlaubs, wo kann man sowas schon haben.
Kathi & Martin